In der Pflege Teilzeit arbeiten zu gleichem Lohn?!

Mehr Zeit für sich, für Freunde, für die Familie und das in der Pflege und bei gleichem Lohn. Geht das überhaupt? Geht das dank Umsetzung der Pflegeinitiative? Oder braucht es andere Ideen wie zum Beispiel eine 38-Stundenwoche.

Als Ende 2021 die Pflegeinitiative angenommen wurde, hegten nicht nur Mitarbeitende grosse Hoffnung, dass sich im Gesundheitswesen nun eine Entspannung der zahlreichen Vakanzen ergeben würde. Im stark überlasteten Gesundheitssystem hat Corona üble Spuren hinterlassen. Fassen wir nochmals kurz zusammen, was die Pandemie für das Pflegepersonal bedeutete:

Viel zu wenig Personal, immer mehr Kranke, immer mehr sichtbares Leid, immer weniger private soziale Kontakte und weniger Ausgleich und Erholung. Das Gesundheitswesen war der Ort, wo Überforderung, Unvernunft, Arroganz, aber auch Pech seitens der Patienten auf Kosten von zahlreichen übermüdeten Mitarbeitenden ausgebadet werden musste.

Solch nachhaltig kräftezehrende Ereignisse will kein vernünftiger Mensch nochmals erleben. Zumal seitens der verantwortlichen Politik einfach zu viel wenig passiert. Und die Prognosen sind alles andere als gut. Pflegefachkräfte werden auch in Zukunft sehr gesucht sein.


Pflegeinitiative umsetzen - ein Beispiel

Im Artikel «Wunschzeiten statt Schichtarbeit: So machen Thurgauer Altersheime die Arbeit in der Pflege attraktiver» begleitet die Thurgauer Zeitung zwei Geschäftsführerinnen von den Pflegeverbänden Curaviva und SBK, auf Tour durch drei Thurgauer Pflegeheime. Dort hat sich bereits einiges getan.

So wurde zum Beispiel der Vereinbarkeit von Familie und Beruf vermehrt Rechnung getragen. Das Personal wird zudem weniger häufig aus seiner Freizeit in den Dienst gerufen. Auch die Teilzeitarbeit konnte sich vermehrt durchsetzen. Weiter unterstützen eine flexiblere Dienstplangestaltung, stringente Mitarbeiterentwicklung, hervorragende Fort- und Weiterbildungsprogramme, die Umsetzung der Pflegeinitiative.

Diese Umsetzung ist nicht in allen Gesundheitseinrichtungen schon so und auch sehr abhängig von den eigentlichen Verantwortlichen in der Politik. Es ist ein Ansatz. Ein Vorbild, das Nachahmer sucht.


Pilotprojekt 38-Stundenwoche für Pflegefachpersonen

Was tun, wenn die Not gross ist und nichts passiert? Instanzen Vertrauen, die in den letzten Jahren sehr wenig unternommen haben? Die Mühlen der Politik mahlen sehr langsam. Wer diesen Überlebenskampf nicht selbst erlebt hat, ja nie selbst betroffen war, kann sich schlechter in die verzwickte Situation der Gesundheitseinrichtungen hineinfühlen. Und so werden manche anderen meist von der Wirtschaft gesteuerte, Geschäfte als dringlicher eingestuft.

Die lange Bank fühlt sich nicht gut an. Man setzt sein einzigartiges Leben für vulnerable Menschen ein. Da musst doch einfach mehr gehen!

Bleiben die eigenen Ideen. Dazu gehört die 38-Stundenwoche für Pflegefachpersonen, eine teure und befristete Sofortmassnahme zur Umsetzung der Pflegeinitiative, wie sie das GZO Spital Wetzikon zurzeit in einem Pilotprojekt anwendet.

Das Ziel des Projektes: Die Arbeitsbedingungen für Pflegefachkräfte im Drei-Schichtbetrieb sollen verbessert und die Zahl der frühzeitigen Berufsaustritte reduziert werden.

38 Stunden arbeiten bei gleichem Lohn. Die Schichten bleiben gleich lang, Pflegende haben mehr Ruhezeiten und Freitage.

Judith Schürmeyer, COO GZO Spital Wetzikon nimmt im Gespräch mit Medinside.ch Stellung.

  • So hat das neue Arbeitszeitmodell zum Beispiel weniger Krankheitsfälle und Kündigungen zur Folge, was auch die Teams stabilisiert und eine höherer Mitarbeiterzufriedenheit ermöglicht.
  • Festangestellte Mitarbeitende tragen aufgrund gleicher Rahmenbedingungen zu einer positiven Grundstimmung bei.
  • Das neue Arbeitszeitmodell stösst auf Interesse und zieht auch neue Pflegefachkräfte an.
  • Durch mehr Festanstellungen sinken die Kosten bei den temporären Mitarbeitenden, die das Krankenhaus 40 Prozent mehr kosten als fest angestelltes Personal.

Dieses Pilotprojekt wurde nun um ein weiteres Jahr verlängert, weil die Politik kurzfristig noch keine andere Lösung bietet. Ganzes Interview auf  Medinside.ch lesen.


Vor- und Nachteile von eigenen Ansätzen

Es ist eine verzwickte Situation. Wenn die Spitäler selbst kreative Lösungen anbieten, besteht die Gefahr, dass die zuständige Politik nicht vorwärtsmacht.

Doch diese müsste sich dem Thema annehmen, denn die Spitäler können das Gesamtproblem des Fachkräftemangels nicht alleine lösen. Es braucht neue Denkweisen und Ansätze, damit auch übergeordnete Massnahmen entwickelt werden können.

Vor allem muss das Gesundheitswesen in der Politik besser priorisiert werden. Damit man nicht nur darüber geredet hat, sondern dass das für unser aller gesundheitliche Zukunft so wichtige schnellstmögliche Handeln möglich ist.

30.11.2023, Andreas Räber, Enneagramm Trainer Cp, Wetzikon