Erleichtert künstliche Intelligenz unsere Arbeitswelt und unser Personalrecruiting?

Die künstliche Intelligenz (KI) gibt Vollgas. So zumindest könnte man es nennen, wenn man die gegenwärtige Entwicklung beobachtet. Die Zukunftsperspektiven für Mitarbeitende sind in einem Aspekt schön, können doch viele unbequeme Arbeiten von KI übernommen und Arbeitsabläufe vereinfacht werden. Kann auch das Personalrecruiting profitieren? Eine Einschätzung einer Technologie, die sich in rasantem Tempo weiterentwickelt.

Eine kleine Einschätzung, wie künstliche Intelligenz im Gesundheitswesen Einzug nimmt, zeigt der Artikel "Wo Künstliche Intelligenz das Gesundheitswesen verändert" auf medinside.ch. auf.

Das Kantonsspital Baden nutzt zum Beispiel ein KI-Bildanalyse-Tool bei der  Diagnose von muskuloskelettalen Pathologien (nicht-entzündliche akute  oder chronische Krankheiten des Bewegungsapparats), das eine  standardisierte(re) Beurteilung ermöglicht. Es geht um Frakturerkennung und  Auswertung von Knie-, Hüft-, Hand- und Wirbelsäulen-Röntgen. Das sind  erfreuliche Aussichten.

Auch Ärzte finden KI gut. Zumindest die meisten. So wie es eben ist, wenn  sich ein neues Tool am Etablieren ist. Das Branchenmedium "Medscape"  befragte in Amerika gut 1'000 Ärzte über ihre Erwartungen zur KI-Zukunft.  Ein grosser Anteil zeigte sich eher enthusiastisch (41 Prozent) als besorgt  (28 Prozent). Laut medinside.ch waren überraschenderweise die jüngeren eher  skeptisch. Derweil konnte vor allem die mittlere Altersgruppe der 45- bis  54-Jährigen der KI-Zukunft viel abgewinnen.

Aufhorchen hingegen lässt eine Meldung von https://www.404media.co/nurses-protest-ai-automation/?ref=nl" target="_blank">404media.co

Krankenschwestern in den USA protestieren gegen KI - nicht etwa aus Sorge  um ihre Jobs. Ihnen liegt die Sicherheit der Patienten am Herzen.

Laut 404media.co soll der Grund dafür unter anderem falsche Alarme sein,  die von der KI ausgegeben werden. Unvorstellbar, wenn bei Diagnosen oder  riskanten Operationen ein Fehler durch KI passiert.

 

Künstliche Intelligenz in der Wachstumsphase

Mathias Binswanger - Professor für Volkswirtschaftslehre an der  Fachhochschule Nordwestschweiz - erklärt in seinem Buch    "Die Verselbstständigung des Kapitalismus - Wie KI Menschen und  Wirtschaft steuert und für mehr Bürokratie sorgt"    , warum wir weiterhin analoge Systeme und Prozesse erhalten müssen, damit  Wirtschaft und Gesellschaft resilient bleiben. Künstliche Intelligenz ist  eine Blackbox, von der wir abhängig werden, ohne zu verstehen, wie sie  genau auswertet.

Jede Statistik kann erst richtig verstanden werden, wenn man die Abläufe im  Hintergrund und die Bewertung kennt. Tun wir dies nicht, können wir  Fehlentscheide treffen, die uns viel Zeit und teures Geld.

Mahnende und ermutigende Stimmen: ein Zeichen für Veränderung und  Neuausrichtung. Und was bedeutet dies für das Personalrecruiting?

 

Künstliche Intelligenz im Einstellungsverfahren

Arbeit vereinfachen. Das ist ein Ziel der künstlichen Intelligenz. Ein  anderes ist, Unmengen an erfassten Daten zu ordnen, auszuwerten und  zusammenzufassen. Klingt gut. Klingt auch nach "das Richtige machen" und  "mehr Gewinn erarbeiten".

Spannungsfelder sind normal, wenn man eine neue Richtung definiert.

Dazu gehört auch die Angst von BewerberInnen. Angst davor, maschinell  aussortiert zu werden.

Der Algorithmus lernt. Dafür muss er aber die richtigen Daten haben. Doch was sind die richtigen?

algorithmwatch.org  (https://algorithmwatch.org/de/ki-in-einstellungsverfahren/)   berichtet von einem Fall bei amazon.com (2018). Demnach schleichen sich bei  Systemen automatisierter Entscheidungen ("automated decision-making  systems", ADM) in Einstellungsverfahren schnell Vorurteile, sogenannte  Bias, ein - mit verheerenden Folgen, die aufhorchen lassen:

 2014 bildete Amazon ein Team namens AMZN.O. Dessen Aufgabe war es,  KI-Software zu entwickeln, die bei Bewerbungen für IT-Jobs eingesetzt  werden sollte. 2015 kam jedoch in der Trainingsphase heraus, dass die  Software beim Auswahlverfahren Frauen benachteiligte. Die Modelle wurden  mit vorher bei Amazon eingereichten Lebensläufen trainiert, die  grösstenteils von Männern stammten, da überwiegend Männer in der  Branche arbeiteten. Daraus schloss das System, dass es männliche  Kandidaten zu bevorzugen habe. Amazon nahm daraufhin zwar  Funktionsänderungen vor, aber letztlich konnte dadurch nicht  ausgeschlossen werden, dass im KI-Auswahlverfahren weitere  Diskriminierungsmuster auftreten würden. Also wurde das Projekt  abgebrochen. (Quelle: algorithmwatch.org, 2.9.2022)  


Dieses Ereignis ist zehn Jahre her. Im digitalen Zeitalter eine unglaublich  lange Zeit. Doch es lässt trotzdem aufmerken. Denn KI hat immer einen  menschlichen Urheber mit persönlicher Sichtweise.

Einfach gesagt, könnte KI wahrscheinlich am besten für die Jobsuche von  Mitarbeitenden für künstliche Intelligenz eingesetzt werden.

 Eine ähnliche Denkweise ergibt eine gute Übereinstimmung.

Laut algorithmwatch.org sind in Deutschland bereits zahlreiche KI-basierte  Software-Systeme im Einsatz. Grössere Schweizer Firmen wollten keine  Auskunft darüber geben. Eine Medien-Recherche half dann doch weiter. Im  September 2022 verwendeten Firmen noch keine KI-basierten Tools wie HireVue  oder Modern Hire bzw. verwendeten deren KI-Komponenten nicht. Es sind vor  allem die Pharmafirmen Roche und Novartis, die auf KI-Software in  Einstellungsverfahren setzen.

 

Erleichterung ist gut, Überprüfung ist besser

Wir werden kaum um künstliche Intelligenz herumkommen. Sie wird und soll  unser Arbeitsleben verändern. Doch sie hat noch viel zu viele Gesichter. Es  ist das alte Lied:

Computer können nur das, was wir ihnen (ein)geben.

Was sie nicht wissen, können sie nicht verstehen und einordnen. Google hat  vor einigen Jahren die Semantik eingeführt. Und damit neu auch Wörter wie  und, oder, aber, jedocherfasst, die vorher automatisch  herausgerechnet wurden. Warum? Google hat verstanden, dass diese Wörter  wichtig sind, um die Zusammenhänge in Sätzen zu verstehen.

 

Das Gesundheitswesen verstehen

Im Buch "Sechs Jahre" beschreibt die deutsche Bestseller-Autorin Charlotte  Link ihre Erfahrungen mit dem deutschen Gesundheitswesen. Ihre Schwester  war an Krebs erkrankt. Link erfuhr, wie wenig Austausch zwischen den  einzelnen Gesundheitsbetrieben stattfand. Sie selbst war es, die dank  intensiver Recherche im Web (nicht nur ...) kompetente Betriebe fand, die das  Leben ihrer Schwester verlängern konnten.

 Digitaler Erfahrungsaustausch mit Standardauswertungen würde Wege verkürzen  und so wertvolle Zeit gewinnen für neue Erkenntnisse.

Standards werden durch künstliche Intelligenz erfasst werden können. Die  Herausforderung bleibt das Einzigartige, das Individuelle - das  Menschliche. Will heissen, die Geschichte drumherum. Das ganz Spezifische.  Was Ärzte und medizinisches Fachpersonal nur durch persönliche Gespräche  erfassen können.

Somit bleibt die Frage, wie KI eingesetzt werden soll und welche Bereiche  wir besser bei uns lassen.

Das gilt auch im Personalrecruiting. Ausbildungen, die ein Muss für die  einzelnen Stellen sind, können dabei gut mit KI abgecheckt werden.

Doch die persönliche Einschätzung ist durch nichts ersetzbar!

28.5.2024, Andreas Räber, Enneagramm Trainer Cp, Wetzikon