Kosten im Gesundheitswesen: Wie können wir sie bremsen?
Leistung kostet. Das ist ganz normal. Doch wenn eine bestimmte Leistung zu viel kostet, wehren wir uns. Das ist zum Beispiel im schweizerischen Gesundheitswesen der Fall. Den meisten Beteiligten ist längst bewusst, dass es so nicht weitergehen kann. Auch Bundesrat und Parlament wollen die Kosten unbedingt senken. Doch das Wie-und-wo-Sparen gestaltet sich als schwierig. Auch Volksinitiativen zur Senkung der Gesundheitskosten fallen deutlich durch. Ein Überblick über eine komplexe Thematik.
Viele von uns beanspruchen das Gesundheitswesen nur selten. Und so könnten wir denken: "Warum für etwas bezahlen, das ich fast nie nutze?" Doch wenn einmal "etwas ist", sind wir froh, möglichst schnell auf die hochstehende medizinische Versorgung, wie sie die Schweiz bietet, zugreifen zu können.
Die Frage ist, wie man dieses "Wenn" vernünftig finanziert. "Wenn" lässt sich weder verdrängen noch sicher planen. "Sollen die zahlen, die es brauchen" funktioniert leider nicht.
Wenn unser Gesundheitswesen gesund sein soll, muss es vernünftig finanziert werden. Abschieben auf kranke, verletzte oder alte Menschen geht nicht.
Unsere Gesundheit muss von der gesamten Gesellschaft getragen werden. Ideell und finanziell.
Kostenziele mit Hebelwirkung? Nein ...
Im Artikel "Das Kostenziel des Bundesrats für das Gesundheitswesen droht zum Papiertiger zu werden" der NZZ vom 5.3.2025 wird die Problematik der aktuellen Kosten im Gesundheitswesen und die Lösungssuche durch die Politik aufgezeigt. Die Volksinitiative der Mitte-Partei für eine Kostenbremse im Gesundheitswesen wurde abgelehnt, der Gegenvorschlag angenommen. Der Bundesrat muss demnach Kostenziele festlegen. Dies tut er, indem er massgebenden Akteure anhört und das Oberziel festlegt. Diese Vorgabe dient den Kantonen für ihre Ziele.
Auffallend:
Werden die Ziele nicht eingehalten, drohen keine Konsequenzen. Zumindest nicht vonseiten des Gesetzes.
Laut dem Verordnungsentwurf des Bundesrats soll die Regierung Kostenziele in fünf Kostengruppen festlegen:
- stationäre Behandlungen,
- ambulante Behandlungen im Spital,
- ambulante Behandlungen durch Ärzte ausserhalb des Spitals,
- Arzneimittel sowie
- Pflege.
90 Prozent der Gesamtkosten der Leistungen nach Krankenversicherungsgesetz (KVG) sind in diesen Kostenblöcken enthalten. Konkrete Kostenziele werden keine genannt.
Wohlstand, Entwicklung und Fortschritt
Höhere Lebenserwartung und Wohlstand fördern die Kostensteigerung. Wohlstand, so könnte man meinen, würde eine Gesellschaft entlasten. Doch das ist nicht so.
Tendenziell führt ein Anstieg des Wohlstands zu einem überproportionalen Anstieg der Nachfrage nach Gesundheitsleistungen.
Auffallend sind auch die Kosten für den technischen Fortschritt, von dem wir uns ja eigentlich das Gegenteil erhoffen. Doch Technik ist in der Anschaffung sehr kostspielig. Wachsende Behandlungsmöglichkeiten lassen allerdings hoffen und verhelfen Spitälern auch zu einer Abgrenzung von Mitbewerbern. Doch auch Hoffnung kostet. Teure Geräte müssen amortisiert werden. Das tun sie mit hohen Behandlungstarifen.
So beisst sich die Hoffnung im Moment in den eigenen Schwanz.
Fehlanreize im System werden, wenn es ums Überleben geht, schnell mal "begründet" ausgenutzt.
Das Einsparungspotenzial finden und umsetzen
16 bis 19 Prozent der KVG-Leistungen soll das Einsparungspotenzial laut Expertenbericht aus dem Jahr 2019 liegen. Das ist sechs Jahre her. Inzwischen steigen die Kosten pro Jahr fleissig um durchschnittlich 2,2 Prozent.
Es ist nicht abzustreiten, dass niedrigere Kostenziele (zugunsten von Leistungserbringern) und Leistungsreduktionen (zu Ungunsten der Patienten) zunehmen, wenn man sie frei lässt und keine konkreten Rahmenbedingungen aufstellt.
Ebenfalls können die Folgen solcher "Sparmassnahmen" nicht einfach abdelegiert werden. Sprich: Sie sind eine gesamtschweizerische Aufgabe.
Werden Kostenziele ohne Sanktionen überhaupt ernst genommen?
Eine neue eidgenössische Kommission soll für das Kosten- und Qualitätsmonitoring zuständig sein. So ganz Laisser-faire läuft es also doch nicht. Das Ziel ist zuerst eine Diskussion, was eine vernünftige Kostenentwicklung sein könnte. Daraus entsteht ein Vergleich mit der effektiven Entwicklung.
Bei Überschreitungen müssen sich die kantonalen Gesundheitsdirektoren öffentlich rechtfertigen.
Es ist ein schrittweises Herantasten an ein mögliches Vorgehen, das wohl möglichst viele Verantwortungsträger einbezieht. Damit das Kosten-Thermometer Alarm gibt und Massnahmen erarbeitet werden können.
Hintergründe im Vordergrund
Das Problem: An Krankheit und Unfällen verdient es sich gut ...
Jedem Arbeiter steht ein angemessener Lohn zu, das ist völlig klar und völlig richtig. Wer auf diese Weise geschätzt wird, arbeitet mit vollem Einsatz. Bei der Frage der Finanzierung des Gesundheitswesens muss es auch um die Frage von Gerechtigkeit gehen. Wir alle wissen, dass wir sparen sollten. Doch irgendwie will keiner die Konsequenzen (mit)tragen.
Im ganzen Gesundheitssystem sind viele Interessen verbandelt. Z. B. politische und wirtschaftliche. Die einen wollen sich profilieren, die anderen profitieren.
Doch bei allem Gewinn geht es letztendlich um Menschen, die in Not sind und professionelle Hilfe und Unterstützung brauchen.