Burn-out: Statt ausbrennen Arbeit sinnvoll gestalten
Was ist Arbeiten mit Sinn? Bedeutet es, dass uns die Digitalisierung unangenehme Aufgaben erleichtert oder gar abnimmt? Bedeutet es, möglichst viel Umsatz zu erzielen? Rund um die Uhr erreichbar zu sein oder jeden Trend mitzumachen? Sinnvolle Arbeit ist für uns Menschen sehr wichtig. Verhindert bzw. verringert sie doch unser Ausbrennen. Wir schauen genauer hin.
Wir Menschen sind sinnorientierte Wesen. Das bedeutet, alles, was wir tun, sollte einen Sinn haben.
«Du hast etwas abgearbeitet, bist zufrieden, aber bei jedem Blick auf deine Aufgabenliste wird sie länger. Du verdienst für die Firma haufenweise Geld. Aber das Management erhöht den Druck. Immer mehr. Es spielt keine Rolle, ob du zufrieden oder ob du motiviert bist. Du sollst ihnen nur mehr Geld bringen.»
Bernardo ? aus «Arbeit ohne Sinn», arte TV
Immer mehr. Immer mehr auf Kosten der Mitarbeitenden. Auch im Gesundheitswesen nehmen die Anforderungen zu. Sprunghaft! Wir werden immer älter. Grippewellen, Spardruck oder aussergewöhnliche Ereignisse wie die Corona-Pandemie bringen das Pflegepersonal umgehend ans Limit.
Es muss für uns alle eine wichtige Rolle spielen, ob Mitarbeitende, vor allem im Gesundheitswesen, motiviert und zufrieden sind!
Dauerstress lähmt. Er raubt uns nicht nur die Kraft, es werden in der Folge zahlreiche Gefühle abgestumpft. Wir werden zu funktionierenden und einsamen Menschen. Vielleicht haben wir Ansprechpersonen. Aber werden wir wirklich gehört?
Das Gefühl, mit all den Fragen alleine zu sein
«Ich weiss nicht mehr, wie viele Vorgesetzte ich hatte, aber es waren einige. Nur mit zweien, also vielleicht zehn Prozent, konnte ich ein persönliches Gespräch führen. Das hatte grossen Einfluss darauf, wie ich meinen Job gemacht habe. Das Schlimmste an diesem Burn-out war dieses Gefühl, damit alleine zu sein. Ich bin überzeugt, dass es viel mit meiner Kindheit zu tun hat. Dem Gefühl von Selbstwert und Selbstachtung.»
Tjejo - aus «Arbeit ohne Sinn», arte TV
Menschen empfinden. Fühlen. Denken. Auch in unserer technisierten Welt sind wir keine Maschinen und werden es nie sein. Wir werden geboren und möchten uns entfalten. Wir werden von Anfang an geprägt. Von unserem privaten Umfeld. was gut ist und was nicht, und vor allem lernen wir, wann und wie wir am meisten Aufmerksamkeit bekommen. Dies alles nehmen wir als Lebensmotto mit. Wir sind motiviert und wollen beweisen, dass wir es schaffen. Oder wir meinen, nicht zu genügen und geben uns deshalb umso mehr Mühe. Und gehen dabei nötigenfalls bis ans Limit und darüber hinaus.
«So viel von meinem Privatleben aufzugeben und meine Ziele trotzdem nicht zu erreichen, das hat mich umgehauen. Ich kann das gar nicht verarbeiten, dieses Gefühl habe ich immer noch. Als wäre etwas in mir zerbrochen und ich begreife nicht, weshalb. Es war unfassbar. Ich habe die Idee eines Burn-outs weit von mir gewiesen. Ich hielt mich für unbesiegbar. Burn-out kam für mich nicht infrage. Es fiel mir schwer, das anzuerkennen, anzunehmen und zu verarbeiten. Es war ein langer Prozess. Denn ich hatte meinen Stolz. Du fühlst dich grundlos schuldig.»
Carla - aus «Arbeit ohne Sinn», arte TV
Müssen wir zuerst an unserem Stolz oder an zu hohen, fremdgesteuerten Zielen scheitern oder gar die «Abzweigung» verpassen?
Burn-out verhindern, realistische Ziele definieren
Was also tun? Wo ansetzen? Die Anforderungen der Berufswelt sind das eine. Die anderen sind diejenigen, die unsere Eltern, unser soziales Umfeld, ja wir selbst an uns haben.
«Koreaner legen viel Wert auf Titel und Status. Welche Schule man besucht hat. Für welches Unternehmen man arbeitet und wie bedeutend und bekannt es ist. Welche Rolle man spielt. Was du beiträgst, ist nicht so wichtig. War man auf einer guten Universität, hat man gute Chancen, bei namhaften Unternehmen anzufangen. Dieser Druck wird schon im Alter von vier oder fünf Jahren aufgebaut. Eltern schicken ihre Kids bis nachts um eins in private Nachhilfe. Als Vorbereitung für die Aufnahmeprüfung an der Universität.»
Hazel aus Korea - «Arbeit ohne Sinn», arte TV
Eltern setzen Ziele für ihre Kinder und «fördern» sie schon in ihrer Kindheit. Was das Kind braucht oder will, zählt nicht. Das ganze Programm wird im Sinn von «Ich will nur das Beste für dich.» verkauft.
Und wo bleiben die realistischen Ziele oder anders gesagt die realistischen Eltern?
«Ich habe plötzlich verstanden, was meine Eltern mir in meiner Jugend die ganze Zeit klarmachen wollten. Ich frage mich, ob ich das meinen Kindern dann mal auch so sagen werde. Meine Eltern waren sehr locker und haben mich nicht zu irgendetwas gedrängt. Sie sagten: «Gemma, wenn ein Job in einer Fast-Food-Filiale reicht, um dich durchzubringen und du Spass daran hast und tolle Kollegen, wenn du dabei zufrieden bist, dann macht das.»
Gemma - aus «Arbeit ohne Sinn», arte TV
Lebensgestaltung fängt mit Authentizität an
«Dann mach das.» Kann man Ausbrennen verhindern? Wenn ja, wie?
Das Geheimnis liegt oft nicht im Verhindern von Arbeitsbelastung. Wenn sie hoch ist und man kann sie selbst steuern, ist das weniger ein Problem. Wenn sie hoch ist und man hat keine Kontrolle, dann schon.
Zudem fehlen oft die Zeit, die richtigen Informationen und die nötigen Werkzeuge. Folglich klafft eine Lücke zwischen hohen Anforderungen, fehlender Unterstützung und knappen Ressourcen.
Auch wenn wir das Gefühl haben, die einzigen zu sein, ist es wichtig, über Limits zu sprechen. Dies kann eine Kultur der Offenheit auslösen. Und Offenheit ist der Anfang zu Veränderung bzw. ein Start zu Arbeit mit Sinn.
Arbeit mit Sinn
Menschen wollen grundsätzlich etwas leisten. Gemeinsam. In einem Team. Die Welt für ihre Mitmenschen besser machen. Wenn man Mitarbeitende machen lässt, tun sie eher etwas Nützliches, als wenn man sie zu etwas Sinnlosem zwingt. Sinnlose Arbeiten wirken besonders bei Stress demotivierend. Man fühlt sich nicht ernst genommen. Das muss nicht sein.
- Lebens- und Alltagsgestaltung fängt mit Authentizität an.
- Mit einer Kultur, die Feedbacks und Mitsprache zulässt, ohne dass diese zerpflückt werden.
- Mit mutigen Menschen, die sich selbst auch potenzieller Patient sind.
- Mit einem Team, das sich als gegenseitige Ergänzung sieht und nicht als Konkurrenz.